Inzwischen bin ich wieder in Costa Rica angekommen. Mein Blog hat während meiner Zeit in Cuba gelitten, da der Internetzugang dort doch sehr schwierig war. Aber jetzt hier die Ergänzung zu Cuba:
Ich lerne, daß Toilettenschüsseln zu teuer und zu zerbrechlich sind, als daß man in Cuba mit ihnen handeln könnte. Fakt ist, es gibt in Trinidad keine Toiletten zu kaufen, wie mir ein Casa-Besitzer erzählt hat. Er würde ja gerne sein Bad herrichten, es würde ihm aber die Toilettenschüssel fehlen. Toiletten gibt es aber sehr wohl im 80 km entfernten Cienfuegos zu kaufen. Man könnte ja auf die Idee kommen einen Posten Toiletten in Cienfuegos zu erwerben, um diese dann etwas teurer in Trinidad zu verkaufen. Weit gefehlt, wie mir unsere Diskussion klar gemacht hat. Aufgrund der Schwierigkeiten mit dem Transport und den hohen Preisen für Toiletten, halten die Cubaner diese Idee für absolut nicht durchführbar. Ich beuge mich dem Sozialismus.
Uhrmacher Manuel – wir treffen ihn in der Kathedrale von Camaguey. Er war vor Urzeiten (Uhrzeiten?) in der Schweiz und hat dort 3 Monate gearbeitet. Er spricht uns auf Deutsch an und zeigt uns stolz seine Rolex, die er damals als Gastgeschenk erhalten hat. Er trägt die Uhr nicht am Handgelenk, sondern läßt sie wieder in seiner Hosentasche verschwinden, da sie zu kostbar ist. Manuel ist auf der Suche nach einem Krebsmedikament für seine Frau. Er hat bereits im Umfeld von mehreren hundert Kilometern sämtliche Apotheken abgeklappert, ist jedoch nicht fündig geworden. Trotz der in Cuba überdurchschnittlich guten und kostenlosen Gesundheitsversorgung kann anscheinend Krebs kaum behandelt werden. Da die erforderlichen Medikamente im Land selbst nicht hergestellt werden, sondern im Ausland, sind diese aufgrund des US-Handelsembargos entweder nicht zu erhalten oder für den Normalbürger kaum zu bezahlen. Aus meiner Sicht waren die von Uhrmacher Manuel genannten Preise für das von ihm gesuchte Medikament von 10 – 20 CUC sehr gering. Für ihn jedoch völlig unerschwinglich, da er nur eine Rente von monatlich 270 Pesos (ca. 11 CUC) erhält. So saß er in der Kathedrale zum Beten, daß er in der nächsten Apotheke mehr Glück hat und das Medikament findet und zu einem günstigen Preis erhält. Und nein, er hat uns nicht um Hilfe gebeten, sondern er hatte wirklich nur Spaß daran mit uns zu erzählen.
In Santiago mache ich nur zwei Nächte Station, obwohl ich durch Zufall in einer Casa Particular im Altstadtviertel bei einem supernetten Ehepaar, Clara und Jose, lande und gerne länger geblieben wäre. Was für ein erholsamer Gegensatz zu den vielen aufdringlichen Leuten in der Stadt. Bereits am Busbahnhof mußte ich durch ein enges Spalier schreiender Leute, die mir Taxi, Casa usw. anbieten wollten. Nein, vielen Dank. Auch in der Stadt werde ich laufend gefragt: Taxi, Casa, Stadtrundgang, Stadtrundfahrt, Ausritt zu Pferd? Und wenn ich immer noch nein sage, dann kommt auch schon mal die Frage, ob ich einen Freund brauche. Auch hier lehne ich dankend ab und muss mich mehr als einmal beherrschen, um nicht extrem unfreundlich zu werden. Sowieso komme ich mir manchmal wie ein Hund vor, wenn die Cubaner mich anzischen. „Ksssstt, ksssst“ tönt es von rechts und links und das in einer wahnsinnigen Lautstärke. Mit diesen Lauten zischen die Cubaner Bedienungen im Restaurant zu sich heran, Freunde, denen sie auf der Straße begegenen oder versuchen eben auch die Aufmerksamkeit der Touristen zu erhalten. Selbst eine Polizistin hat mich schon angezischt, weil ich von den Treppenstufen des Capitols in Havanna aufstehen sollte. Auch wenn es sich um eine völlig übliche cubanische Sitte handelt, ich komme mir eher wie ein Hund vor und verweigere die Aufmerksamkeit wenn das Zischen in meiner Nähe ertönt.
Dem Zischen entkomme ich auch in Baracoa nicht ganz. Allerdings ist die Kleinstadt im äußersten Südosten von Cuba deutlich ruhiger und entspannter. Ich treffe Susanne aus Trinidad wieder und wir unternehmen zusammen Ausflüge in den Alexander von Humboldt-Nationalpark und besteigen den rd. 575 m hohen Tafelberg El Yunque. Der Berg war den hier ansässigen Taíno-Indianern heilig und wurde von der UNESCO zum Biosphährenreservat deklariert. Leider keine Aussicht, da der erste Tag der Regenzeit die Wolken sehr tief hängen lässt. Abends sitzen wir meistens mit anderen Travellern in der Casa de la Trova, unterhalten uns und lassen uns von der dort gespielten Livemusik berieseln. Baracoa ist für seine kulinarischen Genüsse im Bereich Fisch bekannt. Nur hier wird der Fisch traditionell mit einer Soße aus Kokosnussmilch serviert. Lecker! Trotzdem stelle ich mir angesichts der vielen Kokosnüsse in ganz Cuba doch die Frage, warum in den anderen Gegenden die Verwendung von Kokosnüssen in der Küche so ganz ignoriert wird. Auch Zitronengras wächst auf Cuba, wie uns der Guide im Humboldt-Nationalpark zeigt. Jedoch wird es in der cubanischen Küche auch nicht verwendet. Warum nur? Würde der cubanischen Küche sicherlich keinen Abbruch tun.
Ich habe noch eine knappe Woche Cuba vor mir, als ich in eine persönliche Cubakrise rutsche. Havanna und Viñales stehen noch auf dem Programm. Havanna ist eine sehr interessante und in manchen Ecken wunderschöne Stadt. An anderen Stellen wechsle ich die Straßenseite, da ich Angst habe, daß mir die baufälligen Häuser auf den Kopf fallen. Aber die Leute in Havanna Vieja … Jineteros ohne Ende, die einem versuchen das Geld auf jede nur denkbare Art aus der Tasche zu ziehen. Da ich Havanna fast als letzten Punkt auf meiner Reise stehen hatte, komme ich in Havanna eigentlich ganz gut zurecht. Aber es ist nicht einfach, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Mitleid in der Casa Particular im Safe zu lassen und sämtliche Annäherungsversuche aus der Bevölkerung abzublocken. Denn an anderen Orten Cubas habe ich auch viele nette und hilfsbereite Menschen getroffen, die hier keine Chance haben mit mir in Kontakt zu kommen. Dazu ist das Aufgebot derJineteros einfach zu massiv. Da mein Eindruck von vielen Travellern bestätigt wurde, habe ich hier mal ein paar Geschichten aufgeschrieben, die ich verfolgt habe:
Jineteros treten in allen Altersschichten auf; sie haben selber meistens nichts zu verkaufen, aber haben jede Menge Freunde, die einem Touristen gerne Kunsthandwerk, Gemälde, Schmuck, Zigarren oder oder oder verkaufen möchten. Mehr oder weniger plump versuchen sie ein Gespräch mit uns Touristen auf spanisch oder auch mit ein paar englischen Brocken anzufangen: „Where are you come from?“ „Hast du Feuer?“ „Wieviel Uhr ist es?“ „Gefällt dir Cuba?“ „Ach aus Deutschland bist du? Ja, meine Tante, Schwester, … leben auch in Deutschland.“ – Interessant wer alles Verwandte oder Freunde hat, die in Europa leben; halb Cuba müßte meiner Meinung nach unbewohnt sein. Am Ende eines häufig ganz netten Gesprächs kommt dann unweigerlich die Frage ob man Zigarren oder andere typische cubanische Produkte brauche, ob man einen Salsa-Tanzkurs machen möchte oder einen Stadtführer benötige. Ein Mojito oder Daiquiri kostet normalerweise 2 CUC. Trifft man jedoch auf einen Jinetero und läßt sich von ihm in eine Bar oder ein Restaurant lotsen, dann nehmen die Preise ein Eigenleben an: Sie steigen dann auf bis zu 6 CUC! Die Differenz kassiert der Jinetero. Die ganz raffinierten Jineteros informieren einen, daß es drei Blöcke weiter in der Stadt ein Fest gibt oder Livemusik gespielt wird. Und beim Verabschieden bieten sie an dich hinzuführen. „Ach ich muß sowieso in die gleiche Richtung…“ heißt es, wenn man dankend ablehnt. Und hinterher wird die Hand aufgehalten: „Für die Stadtführung hätte ich gerne 5 CUC.“ Selbst der Hinweis auf eine leere Geldbörse, die einer von uns dem Jinetero auch noch unter die Nase gehalten hat, hilft nicht weiter. Originalantwort des Jineteros: „Dort drüben ist der Bankautomat, bei dem du dir Geld holen kannst.“ Wie frech ist das denn? Und läßt man sich nicht einfangen, dann wird man schon auch mal als „dreckiger Weißer“ beschimpft. Das ist mir leider nicht nur einmal passiert.
Ich kann ja verstehen, daß die Jugend von Havanna sich auch gerne in westliche Klamotten kleiden und ihren Lebensstandard erhöhen möchte. Nur bleibt bei mir der Eindruck, daß die Cubaner glauben,bei uns wächst das Geld auf Bäumen. Im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern ist Havanna mit seinen Jineteros einzigartig, wirklich nervenaufreibend und extrem. Obwohl ich eigentlich routiniert im Reisen bin und mir für solche Situationen ein dickes Fell zulegen kann, bin ich in Havanna an einem Punkt angekommen, an dem ich von Cuba total die Nase voll hatte und nur noch weg wollte. Alleine der Gedanke noch weitere 5 Tage in Cuba verbringen zu müssen war deprimierend. An diesem Punkt habe ich dann zwei Österreicher getroffen. Wir haben uns gegenseitig bei Bier und Cola regelrecht über Havanna ausgekotzt und dann beschlossen gemeinsam für 4 Tage nach Viñales zu fahren. Ich kann nur sagen, die beste Entscheidung überhaupt. Auch Viñales ist touristisch, aber einfach viel entspannter mit einer wunderschönen Landschaft. Das hat mich wieder versöhnt.