Meine ersten Maya-Ruinen

Bin am Sonntag in Belize City angekommen. Hier herrscht eine andere Lebensart als in Nicaragua, leichter, aber auch temperamentvoller – „live cool“ wie mir ein Einheimischer sagt. Das Land macht einen reicheren Eindruck. Ich habe mir ein Zimmer im Smokin‘ Balaam Guest House reserviert. Bin etwas skeptisch als ich das Hostel von außen sehe, aber das Zimmer ist nett und die Besitzerin Anna kümmert sich sofort um mich. Morgen eine Tour nach Lamanai? Klar, und wenn ich mit dem lokalen Bus bis zur Zollbrücke kurz vor Orange Walk fahre, dann kann ich die ganze Tour für 45 USD statt 90 USD machen. Anna kündigt mich bei Errol an, der Touren nach Lamanai anbietet. Am nächsten Morgen nehme ich morgens um 5:45 Uhr ein Taxi zum Busbahnhof; der Bus nach Orange Walk fährt um 6 Uhr. Ich erzähle dem Busfahrer, daß ich an der roten Mauer vor der Zollbrücke aussteigen möchte und mache es mir für die Fahrt im Chickenbus soweit es geht gemütlich. Der Busfahrer verschläft natürlich meinen Stop, aber Anna hat mir genau eingeschärft wo ich auszusteigen habe. Als nach rd. 1 Stunde und 15 Minuten das Haus mit der großen roten Mauer vor der Zollbrücke (tolle Haltestelle, oder?) in Sicht kommt, springe ich auf und rufe: Busstop! Ich steige aus, entdecke auch gleich das Schild „Lamanai Eco Adventures“ von Errol. Ich bin sehr früh dort und habe ausreichend Zeit ein wenig am Anlegesteg mit Blick auf den New River, den ich bald mit dem Boot entlangfahren werde, zu träumen.

Die Tourguides richten die Boote für die Abfahrt und nebenan wird ein neues Boot umgebaut. Dieser Sonntag ist ein ruhiger Tag und so habe ich Glück mit nur einem anderen Paar aus den USA den Fluss entlangzufahren. Unser Tourguide heißt Colin – er ist große klasse! Unterwegs sehen wir zweimal Augen und Rücken von Krokodilen und viele interessante Vögel. Hier gibt es einen „Jesus Christ Vogel“, da dieser angeblich über das Wasser laufen kann. Nicht ganz, aber dank seiner weit gespreizten Füße kann der hübsche Northern Jacana über die Blätter der Wasserlilien balancieren. Colin zeigt uns verbrannte Palmen und erzählt uns, daß sich diese alle ein bis zwei Jahre in der Hitze selbst entzünden. Die Palmen stehen schwarz in der Landschaft, sämtlichen Palmenblättern beraubt. Sie scheinen verbrannt und tot zu sein, doch Colin versichert uns, daß die Palmen leben und wieder zu neuem Leben erwachen werden. Das Holz der Palmen ist wohl auch sehr begehrt für den Hausbau.

Wir kommen an einer kleinen Ansiedlung „Shipyaard“ vorbei. Der Ort wird von rd. 2.700 Mennoniten bewohnt, die ihre Wurzeln in Holland haben und sich 1958 aus Mexiko kommend hier ansiedelten. Ich sehe Frauen in langen, dunklen Kleidern mit Hauben oder Hüten mit einem breiten schwarzen Band, blonde blauäugige Männer in Latzhosen und mit Cowboyhut – Bilder wie aus einem anderen Jahrhundert! Sie sprechen ein altertümliches Deutsch und lehnen teilweise die Verwendung von technischen Errungenschaften völlig ab. Und so kommt die Straße entlang auch kein Auto, sondern ein Pferdefuhrwerk herangefahren. Colin erzählt, daß die Mennoniten ausschließlich für das Sägewerk und die Landwirtschaft Maschinen verwenden. Ansonsten: willkommen in der Steinzeit! So bin ich froh, daß unser Boot mit Außenborder fährt und ich in dieser Hitze nicht rudern muß.

Die Ruinen von Lamanai, was in der alten Maya-Sprache soviel wie „untergetauchtes Krokodil“ bedeutet, liegen am Ufer des New River an einer 48 km langen Inlandslagune. Mit einer Besiedlungsdauer von ca. 3.000 Jahren gehört Lamanai zu den am längsten kontinuierlich besiedelten Mayastädten: Von 1.500 BC bis zum Eintreffen der Spanier im 16. Jh! Die Archäologen vermuten, daß hier zu Hochzeiten rd. 20.000 Menschen gelebt haben. Heute sind 4 Tempel zu besichtigen, die teilweise freigelegt und rekonstruiert wurden. Der Jaguartempel hat an seiner Basis zwei wunderschöne eingearbeitete Gesichter eines Jaguars. Weiterhin wurden die Grundmauern des königlichen Wohnkomplexes freigelegt, die mich damit verblüffen, daß Bäder und gemauerte Betten zu erkennen sind. Colin erzählt, daß Kautschuk als Auflage für die gemauerten Betten gefunden wurde. Der Maskentempel ist mit zwei über 4 Meter großen Masken von König und Königin dekoriert. Leider hat man beide Originalmasken hinter eine Schicht aus Fiberglas gesetzt – zum Schutz vor den vielen Touristenhänden. Ob es hilft und das Original damit wirklich geschützt wird?

Der High Tempel, der mit seinen 33 m der höchste pre-classische Maya-Tempel ist, begeistert mich von Anfang an: ich kann ihn besteigen. Ich klettere die steilen, hohen Stufen des Tempels nach oben – in brütender Hitze. Als ich oben angekommen bin, lässt der Blick über den Urwald hinweg alle Strapazen vergessen. Es bietet sich ein unglaublicher Blick in die Ferne; wäre es nicht so diesig koennte man andere Maya-Stätten der Umgebung sehen. Es hat etwas Erhabenes an sich so weit oben und über dem Blätterdach des Waldes zu stehen. Ich verstehe, warum die Mayas ihren Göttern mit Hilfe dieser Tempel huldigten und glaubten ihnen so näher sein zu können.

Ein Abschlußbesuch im kleinen Museum rundet meinen Besuch in Lamanai ab. Auf Picknicktischen baut unser Tourguide ein spätes Lunch auf. Bohnen mit Reis (wie kann es auch anders sein?), aber auch gebratenes Hühnchen, Salat und Papayas als Nachtisch. Ich lasse es mir schmecken, da mein Magen schon ein Weile nach Essen ruft. Dann geht es mit dem Boot zurück Richtung Orange Walk. Einer der Tourguides fährt von unserer Anlagestelle mit dem Auto in die Stadt und nimmt mich bis zur Bushaltestelle mit.

Ich warte 40 Minuten auf den nächsten Bus. Er ist brechend voll und noch mehr Leute stehen an der Bushaltestelle. Es fängt ein Schieben und Drängeln an, da jeder als erstes in den Bus möchte. Wie schön und gemütlich war das Queueing doch in Nicaragua! Inzwischen habe ich ziemliche Kopfschmerzen – der Lärm des Außenborders, das späte Mittagessen, die Hitze – und will nur noch nach Belize City. Ich muß stehen, die Musik dröhnt durch den Bus und ich stelle mich auf eine lange, strapaziöse Fahrt ein und hoffe, daß mir nicht noch zu allem Überfluß schlecht werden wird. Dann ein bißchen Glück, ich bekomme einen Sitzplatz – allerdings fängt das Mädel neben mir an aus einem Styroporbehälter zu essen. Es weht der Duft von warmem Essen zu mir, ich bin dankbar für die offenen Fenster im Bus, die den Essensgeruch immer wieder fortwehen, denn mein Kopf und Magen spielen nicht mit. Den Rest der Fahrt döse ich vor mich hin und als wir Belize City erreichen, zeigt meine Kopfschmerztablette endlich Wirkung und ich mache mich gutgelaunt auf den Weg in mein Hostel.

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Semana Santa kündigt sich an

Ostern steht vor der Tür und die Woche vor Ostern heißt hier ¨Semana Santa¨. Die Kombination aus starken katholischen Traditionen und die Freude der Nicaraguaner am Feiern führen dazu, daß für viele Nicaraguaner die „Semana Santa“ eine der wichtigsten Wochen im Jahr ist. Jede Kirche besitzt hier ihren Heiligen und bereits diese Woche wurden diese am Abend in verschiedenen Prozessionen durch die Straßen zu ihren jeweiligen Kirchen getragen. Und weitere Fiestas und Prozessionen stehen in der Semana Santa an. Seit über 470 Jahren wird in Nicaragua die Erinnerung an den Tod und die Auferstehung Jesus gefeiert, darunter ist sicherlich die Prozession „El via crusis“, in der der Leidensweg Jesus über 14 Stationen mit Gebeten und Gesängen nachempfunden wird, die wichtigste.

Bereits am Donnerstag und Freitag dieser Woche konnte ich die Schulklassen beobachten, wie sie Holzstatuen, die Jesus mit dem Kreuz und andere Heilige repräsentieren, in Prozessionen durch die Strasse trugen und an 14 Stationen ihre Gebeten und Gesänge abhielten. Glücklicherweise kamen sie dabei auch bei uns an der Spanischschule vorbei, so daß meine Spanischlehrerin mir noch weitere Erläuterungen geben konnte. Anscheinend ist es üblich die von mehreren Personen getragenen Holzheiligen in einem rechts-links wiegenden Schritt zu tragen. Eine dieser nicht ganz leichten Statuen wurde von 6 Mädels getragen, die mit dem Wiegeschritt so ihre Mühe hatten und von ihrem Lehrer immer wieder ermahnt wurden, sich doch ein Beispiel an den Jungen zu nehmen, die Jesus am Kreuz hervorragend im Wiegeschritt durch die Straßen trugen.

Vorgestern nachmittag bin ich mit dem Fahrrad durch Granada gefahren. Meine Abschiedstour sozusagen, da ich mich heute am Samstag auf den Weg nach Belize gemacht habe. Ich war nochmals am Strand des Lago Nicaragua. Existieren hier noch die Süßwasserhaie oder sind sie alle abgefischt? Von einem kleinen versteckten Hafen habe ich nochmals einen Blick auf die Isletas im See geworfen und konnte in der Ferne den Vulkan Concepcion auf der Insel Ometepe sehen. Ein Reiseziel, das ich für einen zukünftgen Besuch in Nicaragua abgespeichert habe, ebenso wie das Treehouse El Poste Rojo an den Abhängen des Mombacho Vulkans. Naja, Vulkanbesteigung auf Ometepe (immerhin ist der kleine Vulkan Madera fast 1.400 m hoch – eine 8 Stunden Tour) wäre bei dieser Hitze auch nicht unbedingt meine erste Wahl.

Auf dem Rückweg in die Stadt bin ich dann an einer Prozession vorbeigekommen, die von Schulkindern, alle schön in Schuluniform, durchgefüht wurde: Jesus – mit einer umwerfenden Lockenperücke – sein Kreuz auf dem Rücken, eine Eskorte aus Soldaten – schön in goldener Rüstung mit rotem Umhang – ein Engel mit Flügeln und ein Sensenmann. Beeindruckend. Und abends auf der Straße zog diese Prozession singend von Tür zu Tür.

Insofern fiel es mir schwer mich an meinen für heute gebuchten Flug zu erinnern und von Granada Abschied zu nehmen. Hätte ich die Festivitäten vorausgesehen, wäre ich sicherlich noch eine Woche länger geblieben. Wobei meine Gastmutter Fatima pragmatisch meinte, es würde sowieso zuviele Unfälle in dieser Woche geben, so daß ich sicherer in Belize aufgehoben sei. Zu viel Feiern mit Alkohol bekommt den Nichtschwimmern, aus denen praktisch ganz Nicaragua besteht, vor allem bei der Prozession von den Isletas im See Nicaragua nach Granada und beim Feiern an den Stränden wohl gar nicht. Aber das hatte ich auch nicht vor und schwimmen kann ich ja!

Also habe ich heute morgen ein Taxi zum Flughafen in Managua genommen. Habe unterwegs von dem Taxifahrer noch Erläuterungen zu den Zonas Francas, deren größte sich in unmittelbarer Nähe zum Flughafen befindet, erhalten. Die Zonas Francas sind Sonderwirtschaftszonen. In die dort ansässigen Firmen fließt überwiegend asiatisches Kapital in die Textilindustrie. Hier gelten Steuerbefreiungen und da Nicaragua keine Exportquoten für die USA besitzt, wird seitens der kapitalgebenden Asiaten fast ausschließlich für den Export in den nordamerikanischen Markt produziert. Nicaragua fördert seit Anfang der 90er Jahre die Ansiedlung von Betrieben in diesen Zonas Francas um Arbeitsplätze zu schaffen und der Wirtschaft neue Impulse zu geben. Denn man muß sich vor Augen halten, daß immerhin ein Drittel des nicaraguanischen Staatshaushaltes aus internationaler Hilfe besteht und ein zweites Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus den Überweisungen von Nicaraguaner/innen im Ausland nach Hause. Ich habe aus meinen Gesprächen mit verschiedenen Leuten herausgehört, daß in einer alarmierenden Anzahl von Betrieben in den Zonas Francas menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse herrschen, ohnehin geringe hygienische und sicherheitstechnische Auflagen nicht erfüllt, Mindestlöhne nicht eingehalten oder Überstunden ohne Entgelt verlangt werden, Kündigungen werden aufgrund von Schwangerschaft oder Krankheit ausgesprochen und gewerkschaftliche Organisationen werden unterdrückt. Allerdings haben viele Nicaraguaner keine Alternative als in diesen Fabriken für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten. Wieder einmal dachte ich, daß wir in Deutschland viel zu häufig vergessen, wie gut es uns wirklich geht!

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100 % Volcano Boarding

Ich habe ein erlebnisreiches Wochenende in Leon hinter mir. Freitag abend bin ich mit dem Bus von Granada nach Leon gefahren. Umsteigen in Managua am Busterminal gegenüber der Universität UCA. Eigentlich kein Problem, nur Freitag spätnachmittag wollen auch viele Einheimische ins Wochenende. Ich musste mich also in eine lange Schlange von Menschen einreihen und warten. Queueing wie in England – das hätte ich hier in Nicaragua nicht erwartet. In Leon habe ich im Bigfoot Hostel (www.bigfootnicaragua.com) übernachtet – ein tolles Hostel. Hier habe ich dann auch ganz mutig meinen Ausflug für den nächsten Tag gebucht: Volcano Boarding. Morgens bin ich noch ein bißchen durch Leon geschlendert, habe die Kathedrale besichtigt und die Gelegenheit genutzt den Kirchturm zu besteigen und eine Roof-Top-Tour auf dem Dach der Kathedrale zu machen. Eine wirklich herrliche Aussicht auf den zentralen Platz der Stadt und die umliegenden Vulkane. Leider ist es nur immer ein wenig diesig. Auch Leon ist eine Kolonialstadt, allerdings nicht ganz so bunt und „aufgeräumt“ wie Granada. Während Granada fast einen Bilderbuch-Eindruck hinterläßt und sehr konserativ auftritt, herrscht in Leon mehr Leben. Die Stadt ist der totale Gegenpol zu Granada – liberaler und aktiver. Eine nette Abwechslung zu Granada, die mir gut gefallen hat.

Mittags um 1 Uhr geht mein Abenteuer dann los. Wir werden mit einem großen orangefarbigen Truck abgeholt, auf dessen Ladefläche jeweils entlang den Seiten Sitzbänke montiert sind. Eine Stunde Fahrt raus aus der Stadt – guter Fahrtwind. Manchmal ziehen wir die Köpfe ein, obwohl über uns eine Plane die herabhängenden Äste abfängt. Nach einer guten Stunde erreichen wir den Nationalpark des Cerro Negro. Von der Ladefläche abgestiegen machen wir uns jeder mit einem Beutel mit Schutzanzug, Schutzbrille und viel Wasser sowie unserem Board unter dem Arm auf den Weg. Über die Rückseite des Berges erklimmen wir den Cerro Negro.

Cerro Negro

Unser Aufstieg auf den Cerro Negro ist nicht wirklich schwierig und dauert nur knapp 45 Minuten, aber es ist sehr sehr warm. Der Vulkan heißt nicht umsonst Cerro Negro – „schwarzer Berg“ -, da das Vulkangeröll wie der ganze Berg tiefschwarz ist. Der Cerro Negro ist der jüngste Vulkan in Zentralamerika. Seit seiner Geburt 1850 ist der Vulkan bereits 23 Mal ausgebrochen, so dass er auch einer der aktivsten Vulkane Nicaraguas ist. Bei seinem letzten Ausbruch 1999 brach eine der Seiten des Kraters weg. Auf dem Kraterrand angekommen bietet sich mir deshalb ein Blick in einen u-förmigen Krater.  Ich will es mir oben auf dem Kraterrand gemütlich machen und mich hinsetzen – huh, das gibt einen warmen Hintern. Als ich die Erdoberfläche ein bißchen zur Seite schiebe und meine Hand an diese Stelle lege, merke ich wie heißer Dampf aus der Erde aufsteigt. Das habe ich so noch auf keinem Vulkan erlebt.

 

Ready to go!

Ich stehe oben auf dem Kraterrand und schaue hinab. Unten in der Ferne sehe ich als winzigen Punkt unseren orangefarbigen Truck stehen. Habe ich mich beim Aufstieg auf den rd. 700 m hohen Vulkan gefragt, wie ich da hochkommen soll, stelle ich mir jetzt die Frage, wie um alles in der Welt ich mit meinem Board, einem Holzbrett mit Metallunterseite, hinunterkommen soll. Der Abhang ist bis zu 45 % steil! Wir ziehen unsere wunderhübschen orangefarbenen Schutzanzüge an, packen die Sonnenbrillen weg und setzen dafür unsere Schutzbrillen auf. Wir erhalten eine kurze Einweisung zum Volcano Boarding und ich bin froh zu erfahren, daß ich die Geschwindigkeit von diesem Brett tatsächlich kontrollieren kann.

 

Hilfe hier geht es runter!

Der Geschwindigkeitsrekord vom Bigfoot Hostel liegt derzeit bei 84 kmh! Ich gehe die Abfahrt viel viel langsamer an. Die Devise heißt Füsse auf dem Boden lassen, wenn es nicht zu schnell werden soll. Und vor allem: Mund zu! Der schwarze Vulkanstaub und kleines Geröll fliegt mir bei der Abfahrt ins Gesicht. Ich bin für meine Schutzbrille wirklich dankbar. Aus dem Augenwinkel sehe ich Jana in der Nachbarspur fahren. Sie überholt mich schließlich, aber ich habe soviel Spaß, daß mich das nicht stört. In keinen 3 Minuten bin ich den Abhang hinuntergefahren. Wie alle anderen wäre ich am liebsten gleich wieder auf den Berg gestiegen um noch eine Abfahrt zu wagen. Im Vergleich zu meiner Eisabfahrt vom Vulkan Villarica in Chile war ich deutlich langsamer unterwegs (vielleicht habe ich auch mehr gebremst?) und vor allen Dingen ließ sich das Board auf dem feinen Vulkangeröll deutlich besser zu steuern. Was für ein Spaß!

 

Volcano Boarding

Für die gelungene Abfahrt erhalten wir beim Einsteigen auf die Ladefläche unseres orangefarbenen Trucks ein Bier und einen Keks spendiert. Wir haben kaum unser Bier geöffnet und sitzen als der Truck über das alte Lavafeld zurück zum Nationalparkeingang startet. Kommando: „Gut festhalten! Wir nennen dieses Fahrtstück den Rollercoaster.“ Festhalten ist ein guter Rat, wenn ich in der einen Hand ein Bier und in der anderen einen Keks halte. Ich schaffe es, mich mit einer Hand festzuhalten,  mit der anderen mein Bier zu jonglieren und manchmal meine Füße auf dem Boden zu halten. Mehr als einer von uns verschüttet bei der Fahrt sein Bier und unser Südafrikaner fällt fast von der Ladefläche. Großes Gelächter! Nach 45 Minuten Fahrt sind wir zurück in Leon und feiern unsere erfolgreiche Abfahrt mit einer Runde Mojitos bevor wir uns unter der Dusche den Vulkanstaub aus Nase und Ohren waschen.

Hier ein kleiner Film vom Volcano Boarding.
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Wilhelm Busch – Reisen

Und noch ein Gedicht von Wilhelm Busch (1832 – 1908):

Viel zu spät begreifen viele
die versäumten Lebensziele,
Freude, Schönheit der Natur,
Gesundheit, Reisen und Kultur.
Darum, Mensch, sei zeitig weise!
Höchste Zeit ist´s! Reise, reise!

Leon

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Anything goes – Cole Porter

Ein Gedicht von Cole Porter „Anything goes“, über das ich beim Surfen im Internet gestolpert bin und hier noch posten wollte:

And there´s no cure like travel
to help you unravel
the worries of living today
when the poor brain is cracking
there´s nothing like packing
a suitcase and sailing away.

Leon

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Catarina – Masaya – Märkte und Vulkane

 
Gärtnerei in Catarina

Bereits letztes Wochenende habe ich einen Ausflug nach Catarina und Masaya unternommen. Catarina gehört zu den „weißen Dörfern“ in der Umgebung von Granada, die ihren Namen aufgrund der weiß mit Kalk verputzten Häuser erhalten haben. Allerdings sieht man nur noch wenige von Ihnen, dafür trägt das erste Hotel am Platz zur Erinnerung noch stolz die Einschußlöcher aus den Zeiten des Bürgerkriegs. 

Catarina lebt von der Pflanzenzucht und während ich durch die kleinen, familiengeführten Gärtnereien bummele, treffe ich auf eine Familie, die gerade „Nacatamal“ zubereitet. Nacatamal besteht aus einem Teig aus Maismehl, Milch, Schmalz, gemischt mit Kartoffeln, Paprika, Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen sowie einer Füllung aus Schweine- oder Hühnerfleisch, Tomaten, Reis, Knoblauch, Zwiebeln, Kartoffeln und Minze. Mir wird erzählt, daß das Schwein gerade geschlachtet wurde. Nacatamal ist ein typisches Nica-Essen. Die Teigmischung mit Füllung wird in Kochbananenblätter verpackt, gut mit Agavenfasern verschnürt und rd. 5 Stunden vorzugsweise im offenen Feuer gedämpft.

Nacatamal

Lecker? Ich weiss es nicht, da ich noch nicht die Gelegenheit hatte zu probieren. Auf jeden Fall sah die Zubereitung nach viel Arbeit aus.

Nacatamal-Zubereitung

Catarina besitzt einen wunderschönen wenn auch sehr touristischen Aussichtspunkt. Von diesem Mirador aus habe ich einen tollen Blick auf den Kratersee „Laguna de Apoyo“, in dessen Hintergrund im Dunst Granada und der Nicaragua-See zu sehen sind. Nachdem ich mich satt gesehen habe geht die Fahrt weiter nach Masaya. Eine Arbeiterstadt, vor allem bekannt für die Herstellung von Hängematten, Schuhen, Kunsthandwerk und Pferdesättel. Bei meiner Fahrt durch die Straßen von Masaya komme ich durch einen Straße der Schuhmacher und eine Straße voller Hängematten. Der Kunsthandwerkermarkt wurde nach dem Bürgerkrieg im „Mercado Vieja“ wieder in alter Pracht restauriert. Ich hatte von außen den Eindruck vor einer Filmkulisse zu stehen: den Markt umgibt eine Mauer aus Basalt mit zahlreichen prachtvoll verzierten Portalen und kleinen Türmen.

Mercado Viejo

Deutlich besser gefallen hat mir der lokale Markt ein paar Straßen weiter, der einen viel originelleren Eindruck macht. Ein Labyrinth aus kleinen Gassen. Verirren ist hier vorprogrammiert. Kunsthandwerk, Hängematten,  Schuhe, Gewürze, Obst und Früchte, Kinderspielzeug – alles in wildem Durcheinander. Die Gänge sind so eng, dass keine zwei Personen aneinander vorbei kommen. Hier im Markt ist die Temperatur gefühlt nochmals 5 Grad höher als die draußen herrschenden 32 Grad. Mitten im Markt stehe ich plötzlich vor einem kleinen Friseurstübchen. Eine Frau lässt sich gerade die Haare fönen – ich zerfließe allein bei dem Gedanken daran!

Nachdem ich dem Labyrinth glücklich entkommen bin, fahre ich weiter zum Nationalpark des Vulkans Masaya. Hier im Nationalpark gibt es fünf Vulkankrater der Vulkane Masaya und Nindiri. Einer davon – der Krater Santiago – ist immer noch aktiv und räuchert vor sich hin. Mir steigt der altbekannte Geruch von faulen Eiern in die Nase, der Hals fängt an zu kratzen und ein trockener Husten stellt sich ein. Zum Glück weht der Wind die aus dem Vulkan aufsteigenden Dämpfe immer wieder weg. Bis kurz nach Sonnenuntergang wandere ich um die verschiedenen Krater herum, genieße die Ausicht, bevor ich mit einer geführten Tour einen der Lavatunnel in den Vulkanen erkunde. Auf dem Weg zum Tunnel sehe ich immer wieder Chocoyeros zu ihren Nestern zurückkehren. Diese grüne Papageienart nistet doch tatsächlich an den Innenwänden des dampfenden Kraters Santiago und so sehe ich die heranfliegenden Papageien immer wieder im Sturzflug im Krater verschwinden. Was für ein Anblick! 

Der Abstieg in den Lavatunnel ist ein beunruhigendes Gefühl, auch wenn die über 50 Meter in den Tunnel hineinragenden Baumwurzeln bezeugen, daß hier schon lange alles ruhig geblieben ist. Trotzdem – wer wandert schon gerne in einem Vulkan, wenn er auch erloschen sein soll, herum? Ich beruhige mich mit ein bißchen QiGong in Gedanken. Hunderte von Fledermäusen verlassen einen naheliegenden Höhleneingang, während ich in den Lavatunnel hineinmarschiere. Ich bin froh, als ich ein wenig später wieder am Tageslicht bin, auch wenn es bereits stockfinstere Nacht ist. Es ist Zeit nochmals zum Kraterrand zu gehen und in den Krater Santiago hineinzusehen.

Abschluss und Highlight meiner Tour ist der Blick in den Krater Santiago. Um mich herum stockfinstere Nacht. Klarer Sternenhimmel und aus dem Krater leuchtet mir ein orangeroter Schein der Lava entgegen, die sich rund 3 km unter mir im Kraterinneren befindet. Unglaublicherweise sind aus dem Kraterinneren immer wieder Explosionen zu hören. Der Vulkan arbeitet. Ich bin total fasziniert, auch wenn ich mir nicht vorstellen möchte, welche Kräfte dort im Inneren des Vulkans am Werke sind! Beeindruckt mache ich mich nach einem erlebnisreichen Tag auf den Weg zurück nach Granada.

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Spanisch in Granada

Inzwischen bin ich schon fast zwei Wochen in Granada. Tolle Kolonialstadt, Häuser in gelb, allen denkbaren Rotschattierungen, blau und türkis, dazu Sonne, blauer Himmel und natürlich Hitze pur bis zum Abwinken. Ich habe unabsichtlich den heißesten Monat für meinen Aufenthalt in Granada ausgesucht. Trotzdem – oder gerade deswegen? – herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre. Kleine Läden, Straßenverkäufer, Pferdekutschen oder -karren neben Autos. Fahrräder, die als Familienkutschen benutzt werden: bereits Zweijährige stehen auf der Stange zwischen den Armen ihrer Eltern, die das Fahrrad lenken – manchmal mag ich gar nicht hinschauen. Ein bunter, chaotischer und brodelnder lokaler Markt mit einem Wegelabyrinth, bei dem ich aufpassen muß um wieder aus dem Markt herauszufinden. Papayas, Mangos in verschiedenen Sorten, Ananas, Guava und was es sonst noch so alles an unbekannten Früchten gibt. Orangen, die eher an Zitronen erinnern. Zitronen mit oranger Schale, so dass ich erst mit dem ersten Biß merke, daß es eine Zitrone ist.

Unter der entspannten Oberfläche in Granada ist aber auch eine andere Wahrheit verborgen. Menschen, die in totaler Armut leben. Gestern Abend beim Essen in einem Straßenrestaurant stupfte mich beharrlich ein Finger am Arm. Gewöhnt Straßenverkäufer zu ignorieren, ignorierte ich das Stupfen zuerst. Bis ein kleiner Pappteller neben mir auftauchte. Ich schob die Reste von meinem Veggie-Burger darauf und dachte damit wäre es erledigt. Nein, damit war erst der Damm gebrochen und eine dreckige kleine Hand raffte alles was noch auf dem Teller lag zusammen und stopfte sich die Sachen in den Mund. Das ist die andere Seite von Nicaragua, die man in der Innenstadt von Granada mit seinen schönen Kolonialbauten auch leicht vergessen kann.

Normalerweise wache ich morgens um 6 Uhr auf, sobal Dany – der 8 Monate alte Sohn meiner Gastgeberin Fatima – aktiv wird. Eine kurze kalte Dusche – kalt, aber zum Aufwachen nicht wirklich geeignet, da das Wasser auch ohne Heißwasserboiler sehr warm ist. Zum Frühstück gibt es Obst -lecker und so viel besser im Geschmack als bei uns – und Tee. Bereits morgens um sieben bringt mich der Tee manchmal schon zum schwitzen. Und heute morgen habe ich Wäsche gewaschen – so richtig schön auf die altmodische Art mit einem Waschbrett. Einseifen, schrubben und nochmals schrubben und mit viel Wasser und nochmals schrubben ausspülen. Gibt kräftige Arme und bringt einen auch morgens um sieben garantiert zum Schwitzen. Ich lerne hier nicht nur Spanisch, sondern auch die Lebensart der Nicaraguaner hautnah kennen. Apropo Spanischunterricht – auch der bringt mich zum Schwitzen. Meine Spanischlehrerin kennt keine Gnade – irreguläre Verbformen im Präsens, Präteritum, Imperfekt und Reflexivpronomen werden rauf und runter geübt. Und für abends gibt es Hausaufgaben. Als zweiten Teil am Nachmittag steht dann ein Ausflug oder Kochen auf dem Programm.

Vorgestern waren wir im einzigen Zoo von Nicaragua. Bei dem Gedanken an den Zoobesuch war mir im Vorfeld ein bisschen mulmig zumute. Ich hatte vorsintflutliche, kleine Käfige und traurige Behausungen für die Tiere im Kopf. Tatsächlich war es nicht großartig, aber viel besser als erwartet. Toll waren die vielen Aras, der kleine bunte Nationalvogel „Guardabarranco“ von Nicaragua, aber auch die Tapire, Jaguare und Pumas. Sie waren trotz der Hitze erstaunlich mobil. Unsere Rückfahrt dann nach Granada war mal wieder eine Lektion in „Leben und Busfahren in Lateinamerika“. Wir standen am Straßenrand und haben einen Bus herangewunken; ein Microbus für vielleicht 25 Personen hielt an. Er war eigentlich schon voll. Gefühlt standen wir eng an eng mit sicherlich 40 Personen und dachten, der Bus wäre brechend voll. Ein Blick auf einen Chickenbus, den wir überholten, belehrte uns eines besseren: dort quollen die Leute förmlich aus allen Türen und Fenstern. Dagegen waren wir luxeriös unterwegs.

Ach und gestern hatte ich einen halben freien Nachmittag. Den habe ich am Pool vom Hotel Granada verbracht. Traumhaft. Wir hatten zu zweit den Pool für uns. Über 30 Grad – für Schwimmen wie geeignet. Himmlisch. Aber wieso musste es regnen? Nicht, daß der kurze Regenschauer – absolut unüblich im Sommer – uns gestört hätte. Der Regen war fast schon verdampft, bevor er auf dem Boden aufkam. Trotzdem. Da liege ich einmal am Pool ….

Morgen nachmittag fahren wir nach dem Spanischkurs fürs Wochenende nach Leon. Ich werde berichten.

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Mit dem Chickenbus nach San Juan de Oriente

Heute habe ich einen Ausflug nach San Juan de Oriente gemacht. Ein Dorf mit rd. 3.000 Einwohnern, die ihren Lebensunterhalt praktisch alle als Kunsthandwerker verdienen. Vasen, Töpfe, Becher, Schalen und alle sonst erdenklichen dekorativen oder auch nicht so dekorativen Gegenstände werden hier aus Ton hergestellt. Ich konnte den Herstellungsprozess nach traditioneller Art bis ins kleinste verfolgen und habe mit einer Gruppe Jugendlicher gesprochen, die zu einer Fussballmannschaft gehören. Bis nachmittags um 16 Uhr ist Arbeit in der Töpferwerkstatt angesagt, danach geht es zum Fußballtraining! Im Rahmen eines staatlichen Projektes haben sie sich in einer Kooperative organisiert und verkaufen ihre Produkte bis nach Europa, um ihren Unterhalt zu verdienen.

Eigentlich ist San Juan de Oriente nur einen Katzensprung von Granada entfernt. Wie ich ein paar Tage später selber feststelle sind es mit einem normalen Pkw nur rd. 20 Minuaten Fahrt dorthin. Ich fahre jedoch mit dem lokalen Bus, dem Chickenbus, einem alten ausrangierten Schulbus aus Nordamerika.

Bereits in Granada werde ich vor die Herausforderung gestellt, die Busstation zu finden. Eigentlich ganz einfach. Aus der Innenstadt kommend muss ich immer nur geradeaus durch den lokalen, chaotischen und kunterbunten Markt marschieren und mich nicht in irgendwelchen Abzweigungen rechts oder links der Hauptachse verlieren. Am Ende des Marktes rechts und da stehen auch schon drei dieser bunten Busse. Ich frage mich durch und ja, der in der Mitte stehende Bus fährt nach San Juan de Oriente. Ich setze mich hinein und warte auf die Abfahrt. Bis es los geht, steigen immer wieder Getränke-, Obst- und Süssigkeitenverkäufer in den Bus und preisen ihre Waren an. Einfach eine ganz andere Welt als bei uns. Als es dann los geht, verstehe ich, wieso die Fahrt nach San Juan de Oriente 45 Minuten dauern soll. An jeder Straßenecke versucht unser Busfahrer durch Hupen weitere Leute zum Mitfahren zu animieren. Wir halten alle paar Meter an. Als wir dann endlich aus der Stadt hinaus sind, wird richtig Gas gegeben. Mit Schütteln und Rütteln schaffen wir 40 Kilometer pro Stunde – geschätzt, denn der Tacho arbeitet nicht. So habe ich genug Muse auf unserer Fahrt die Landschaft zu betrachten.

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Auf nach Nicaragua

Nach drei Tagen Faulenzen in San Jose geht es weiter nach Nicaragua. Um genau zu sein, nach Granada. Ich habe mir ein Busticket bei Ticabus besorgt. Das Ticketoffice war bequem zu Fuß in der Innenstadt von San Jose zu erreichen. Ich erfahre, daß nur der „económico“ morgens um 6 Uhr oder mittags um 12:30 Uhr in Granada hält. Ca. 8 Stunden Fahrt. Da ich nicht mitten in der Nacht in Granada ankommen will, entscheide ich mich für den frühen Bus. Eine Stunde vor Abfahrt muß ich an der Busstation sein. Puh, da geht mein schönes Frühstücksbuffet im Hotel Aranjuez – es soll das Beste der Stadt sein – flöten.  Und will ich bereits morgens um 5 Uhr auf den Straßen von San Jose sein? Gut ich nehme ein Taxi, aber mein Unbehagen steigt, als ich erfahre, daß die Busstation von Ticabus unweit des sogenannten Coca Cola-Terminals liegt. Eine nicht so wirklich sichere Ecke von San Jose.   

Tatsächlich ist die Busstation von Ticabus ein gut gesichertes Gebäude. Selbst der Bus steht innerhalb einer Umzäunung. Ich hatte mich gedanklich auf einen vollen, lauten und chaotischen Busterminal wie in anderen Städten Lateinamerikas eingestellt und werde überrascht. Ausschließlich Busse von Ticabus werden abgefertigt und so früh am morgen nur ein einziger.  Für das Gepäck wird mir ein Gepäckschein ausgehändigt, mein Pass kontrolliert und die notwendigen Papiere für die Grenze ausgehändigt. Mein Ticket ist mit festem Sitzplatz. Ich lande neben einem kleinen, netten Nicaraguaner, der aber einen furchtbaren Slang spricht, so daß wir uns nicht groß verständigen können. Pünktlich um 6 Uhr starten wir. Es geht die Panamericana Richtung Nicaragua. Unterwegs bekomme ich nochmals Blicke auf den Vulkan Rincon de la Vieja. Wir konnten vor einer Woche unsere Vulkanbesteigung wegen zu starkem Wind und Wolken nicht realisieren. Heute zeigt er sich sehr viel freundlicher und ohne Wolken. Was für ein Pech!

Morgens hatte ich mir noch Gedanken gemacht, ob ich zu warm angezogen bin. Aber die Klimaanlage brummt, es ist recht frisch im Bus. Die Hitze holt mich ein, als wir gegen Mittag die Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua erreichen. Auf der Seite von Costa Rica gehen die Passformalitäten erstaunlich schnell, obwohl alle aussteigen und ihren Pass kontrollieren lassen müssen. Wir fahren weiter durch ein Labyrinth im Niemandsland, das trotzdem gut bevölkert ist. Keine 5 Minuten später stehen wir vor der nicaraguanischen Seite der Grenze. Unser Busbegleiter sammelt die Pässe und die Einreisegebühr ein und verschwindet. Es ist ein komisches Gefuehl seinen Pass aus den Händen zu geben. Wieder steigen wir alle aus und diesmal wird das Gepäck ausgeladen. Jeder schleppt seinen Koffer oder Rucksack zu einer Reihe von Tischen unter einer Ueberdachung. Gepäckkontrolle. Interessanterweise wird nur oberflächlich durchgesehen und wir Touristen – mit mir reist eine Gruppe nordamerikanischer Studenten auf Studienreise – werden großzügig ohne Kontrolle durchgewunken. Reine Augenwischerei diese Kontrolle. Aber Hauptsache wir haben unser Gepäck bei 30 Grad im Schatten durch die Gegend geschleppt! Alles wird wieder im Bus verstaut und wir wechseln den Standort mit unserem Bus. Unser Busbegleiter braucht noch eine Weile bis er wieder mit unseren Pässen auftaucht. Wir warten zwischen fliegenden Händlern, Souvernirverkäufern, Geldwechslern und dem ein oder anderen Bettler. Inzwischen habe ich mit einer Costa Ricanerin Kontakt, die mich in die Grenzformalitäten und -abläufe einweiht. Also warte ich geduldig mit dem Rest der Truppe und beobachte die anderen Busse, die zur Gepäckkontrolle anrollen. Und tatsächlich geht es in Kürze weiter und jeder erhält seinen Pass mit Einreisestempel zurück. Einen Grenzbeamten aus Nicaragua habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Eine interessante Grenzüberquerung!

Mittags gegen 2 Uhr erreichen wir Granada. Die Stadt gefällt mir auf den ersten Blick. Alte koloniale Haeuser, sehr bunt. Ich steige hier als Einzige aus, stehe mit meinem Gepäck am Straßenrand. Ein Taxi steht schon bereit und ich mache dem Fahrer klar, wo ich hin möchte. Nein, kein Hotel, sondern eine Privatadresse in der Innenstadt. Ich werde an einer Straßenkreuzung rausgelassen mit der Beteuerung, dass ich hier richtig sei. Keine Hausnummern oder Namensschilder. Es ist Mittagszeit und alle halten Siesta. Ich frage mich durch und klopfe an eine Gittertür. Keine Klingeln. Und tatsächlich, hier wohnt Fatima, meine Gastgeberin für die nächsten drei Wochen. Ich bin angekommen.

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Corcovado-Nationalpark

Wir erreichen Sierpe auf der Halbinsel Osa ganz im Südwesten von Costa Rica. Von hier aus fahren die Boote in den Nationalpark Corcovado. Unsere freudige Erwartung auf die kommenden Tage im Regenwald fern der Zivilisation wird durch die Nachricht über das Erdbeben und den Tsunami gedämpft. Tsunamiwarnung auch für die Pazifikküste Costa Ricas. Wir fahren trotzdem um 16 Uhr Ortszeit. Die in Costa Rica für genau diesen Zeitpunkt angekündigte Welle hat sich glücklicherweise im Pazifik verlaufen. Es bleibt ein Nachgeschmack, da wir nur mit wenigen Brocken Information fahren, die wir im Fernsehen in einem Restaurant auf spanisch aufgeschnappt haben. Weitere Nachrichten werden wir erst in 4 oder 5 Tagen wieder bekommen.

Eine spektakuläre Bootsfahrt bringt uns von dem kleinen Ort Sierpe durch die Mangroven des Rio Sierpe in die große Bucht von Bahía Drake. An manchen Stellen berühren rechts und links die Wurzeln der Mangroven unser Boot.

An unserem Zielort San Pedrillo schlagen wir im Corcovado Adventures Tent Camp unser Lager für zwei Nächte auf. Für ein Zeltcamp erwartet uns eine fast luxuriöse Unterkunft: Große, gut durchlüftete Zelte (ein Segen bei der Luftfeuchtigkeit und Hitze) auf Holzplattformen und tolle Verpflegung. Wir sind gespannt auf den Nationalpark, denn im Reiseführer steht ganz poetisch, dass Corcovado das grüne Juwel in der Krone von Costa Ricas Nationalparks ist und den Höhepunkt einer jeden Costa Rica Reise darstellt.

Der Park umfaßt eine der artenreichsten Zonen der Welt. Acht verschiedene Ökosysteme, darunter Nebel-, Regen-, Mangrovenwälder und endlos lange Sandstrände. Auch heute noch werden bisher unbekannte Tier- und Pflanzenarten entdeckt. Tiere, die in anderen Landes- und Weltteilen ausgestorben sind, wie z.B. Jaguare, Totenkopfäffchen, Tapir und Dayrie-Adler – der weltgrößte Greifvogel der Welt – sind hier noch zu finden. Auf unseren Exkursionen in Corcovado begegnen wir tatsächlich einigen Totenkopfäffchen und unser lokaler Guide macht uns bei einer Wanderung am Strand auf einen Tapir aufmerksam, der gut versteckt im Gebüsch liegt. Beindruckend sind die Pelikane, die sich so tollpatschig beim Fischen anstellen, aber dicht über den sich brechenden Wellenkämmen entlangsurfen. Interessanterweise fliegen sie immer nur in einer Richtung den Strand entlang. Auch das klärt sich auf – es geht raus aufs Meer.

Abends erwacht der Dschungel dann für unsere Ohren erneut – ein ohrenbetäubender Lärm durch Zikaden. Diese kleinen Insekten lärmen mit ihren großen Flügeln, was das Zeug hält. Wir schlafen im ersten Zelt am Meer und kommen deshalb zusätzlich in den Genuss der starken Meeresbrandung und – man glaubt es kaum – eines lauten Krötenkonzerts. Ich habe so meine Zweifel, ob ich in der Nacht werde schlafen können, aber auch die Kröten halten dann irgendwann Nachtruhe.

Am nächsten Morgen gibt es bereits um 5:45 Uhr Frühstück – frische Melone, Ananas mit Pancakes. Sehr lecker! Per Boot geht es dann zur Rangerstation San Pedrillo und um 8 Uhr sind wir bereits eine Stunde im Urwald unterwegs. Obwohl wir noch gar nicht im Regenwald angekommen sind, ist es bereits am frühen Morgen unerträglich warm und es herrscht eine hohe Luftfeuchtigkeit. Unser Guide macht uns auf Tiere aufmerksam, die wir alleine nie sehen würden. Vögel – Habicht, Fischreiher, Specht. Ein hoch in den Bäumen hängendes 2-Finger-Faultier, das sich keinen Millimeter rührt. Immerhin brauchen diese Tiere ja 18 Stunden Schlaf am Tag und haben deshalb keine Zeit für irgendeine Art von Körperhygiene. Ein giftiger kleiner Frosch – braun auf braunem Laub und nicht größer als ein Fingernagel. Ich hätte ihn nicht entdeckt! Affen, die durch die Baumkronen schwingen. In einer Baumhöhle sitzende Fledermäuse. Ameisenbären, die genüßlich auf dem Boden herumstöbern auf der Suche nach Ameisen und Termiten. Warum nur halten sie nicht still, wenn man ein Foto machen möchte? Eidechsen und sogar Krokodile. Ich werde also nicht in den Flüssen schwimmen gehen.

Am nächsten Tag wechseln wir unseren Standort. Es geht in den Regenwald. Auch ohne Bewegung schmore ich hier im eigenen Saft, so hoch ist die Luftfeuchtigkeit. An der Rangerstation La Sirena sind wieder Klammeraffen unterwegs. Sie bewegen sich dabei auf einer Art Affenautobahn hoch oben in den Bäumen. Wir schauen fasziniert zu, wie die Affen von Baum zu Baum springen. Sie nutzen dabei bestimmte Äste, die sie zu einem Bogen spannen und sich dadurch zum nächsten Baum schleudern lassen. Wie bei uns Menschen gibt es auch bei den Affen Profis und Neulinge, so dass wir Beobachter manchmal die Luft anhalten. Das ein oder andere Äffchen landet nicht wie geplant und muss sich akrobatisch in den Ästen der Bäume auffangen.

Die dritte Nacht schlafen wir im La Leona Tentcamp. Die letzte Wegstrecke dorthin fahren wir in einem kleinen offenen Boot. Nur 6 Leute werden jeweils mitgenommen aufgrund der starken Brandung, die uns am Strand der Lodge erwartet. Und während das vor uns fahrende Boot fast bis an den Strand fährt und eine perfekte Drehung hinlegt, so dass alle Mann über das Heck aussteigen können, läuft es bei uns nicht ganz so routiniert. Bei der Drehung bleibt das Boot mit der Schraube des Außenborders im Sand hängen, der Motor geht aus, wir schaukeln längs zum Strand und die nächste Welle ist bereits im Anmarsch. Kapitän und Helfer springen ins brusthohe Wasser und versuchen mit aller Kraft das Boot zu drehen. Geschafft – und wir hüpfen schnellstens vor der nächsten Welle an den Strand. Von dort aus beobachten wir dann, welche Mühe es bereitet das Boot wieder in ruhiges Gewässer hinter die Brandung zu fahren. Ein kleines Kunststück.

Früh am nächsten Morgen tummelt sich ein Wal vor der Küste. Leider hat er keine Lust zu springen. So sehen wir nur mal seinen Rücken und die Flosse weit draußen auf dem Meer auftauchen. Vor der allergrößten Mittagshitze wandern wir dann unsere letzte Etappe im Corcovado-Nationalpark am Strand entlang zu einem kleinen Flughafen. Der Ort Carate besteht aus kaum mehr als der Flugpiste, einer Pulpería (einem Tante Emma Laden) und einigen Häusern. Dort erwarten uns schon offene Pick-ups, die uns in einer gut einstündigen Fahrt über eine Schotterpiste nach Puerto Jimenéz bringen.

Unterwegs begegnen wir auf unserer Wanderung nochmals roten Aras. Wir beobachten zwei von ihnen beim „Ehekrach“ – was für ein Geschrei und Gezeter. Am Ende sitzen beide Aras jeweils am anderen Ende des Astes und ignorieren sich. Das hat fast schon menschliche Züge. Rote Aras gehören zu den Tropen wie die Ananas, die Kokosnuss oder Palmen, Sand und Sonne. Der Lapa Roja (roter Ara) ist mit seinem leuchtend roten Federkleid angeblich der schönste und größte der Papageien. Leider leben in Costa Rica heute nur noch zwei nennenswerte Populationen dieser Vögel – im Carara-Nationalpark und im Corcovado-Nationalpark auf der Osa-Halbinsel. Ein Lieblingsort der roten Aras sind die Kronen der Mandelbäume, wo sie mit ihren harten Schnäbeln Früchte und Nüsse knacken. Der Reiseführer nennt sie nicht umsonst auch die Nussknacker von Osa.

In Puerto Jimenez angekommen denken wir, dass unser Abenteuer auf der Osa-Halbinsel eigentlich zu Ende ist. Weit gefehlt. Nach dem Mittagessen setzen wir mit dem lokalen Boot über nach Golfito. Was zuerst nach einer ruhigen Bootsfahrt über den Golfo  Dulce aussieht, wird schnell zur Nervenprobe. Wir fahren fast 45 Minuten und kommen in bewegtes Wasser. Das Boot ist viel zu schmal, so liegt es nicht stabil im Wasser. Nicht nur ist es überladen mit Gepäck, es sind auch zu viele Personen an Bord. Der Kapitän kann eigentlich nur erahnen, wohin er fährt – immer rein in die Welle -, da er keine Scheibenwischer an der überspülten Frontscheibe hat. Die eine oder andere Welle schwappt über das Bootsdach und läuft aufgrund diverser Lecks ins Innere und durchnässt uns. Ich sitze zum Glück weit hinten in der vorletzten Reihe und das Heck ist offen. So bekomme ich einigermaßen Luft in diesem Dampfkessel und behalte krampfhaft den Horizont im Auge, damit mir nicht schlecht wird. Der Maschinist sitzt hinter mir auf den beiden Außenbordern und feixt sich eins. Er hat noch einen Zahn im Mund und so manches Mal droht er über Bord zu gehen. Das tut seiner guten Laune allerdings keinen Abbruch. Meine Laune steigt erst wieder, als wir anlegen und ich festen Boden unter den Füßen habe.

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