Machu Picchu, die Stadt in den Wolken

Allzu früh klingelt mein Wecker. 3:40 Uhr Aufstehen! Nun, ich schnappe meine Frühstücksbox – das Hotel macht um diese Zeit noch kein Frühstück – und auf geht es zur Busstation. Mit Katharina und Tadeusz laufe ich durch die dunklen Gassen von Aguas Caliente. Wir biegen um die letzte Ecke zur Busstation und sehen schon eine lange Schlage Menschen in Warteposition. Eine geschlagene Stunde stehen wir uns die Füße in den Bauch, noch halb schlafend, und rechnen uns aus, daß wir mit dem dritten Bus losfahren werden. Und so kommt es auch. Ich döse noch 25 Minuten vor mich hin im Bus. So langsam wird es hell während wir uns in Serpentinen den Berg hochbewegen. Der Bus entläßt uns direkt vor dem Eingang nach Machu Picchu. Noch ist nichts von der berühmten Inkaruine zu sehen – nur Menschenmengen. Neben den ‚Busfahrern‘ kommen die ersten Wanderer den Berg hochgekeucht. Ich stehe in der Menschenschlange und komme mir vor wie der totale Tourist. Kein Inkatrail, sondern Zugfahr durch das Heilige Tal, kein Aufstieg bis zum Eingangstor von Machu Picchu, sondern Busfahrt – was mache ich hier eigentlich? Ich kann mich nur schwer damit arrangieren, daß meine Achillessehnen mir einen Strich durch die Rechnung gemacht haben und habe das Bedürfnis den Trekkern zuzurufen ‚eigentlich bin ich eine von euch!‘. Nun, trotzdem will ich Machu Picchu sehen und stelle mich in die Schlange.

Der Eintritt ist umständlich, denn die Peruaner scheinen ihren Computern, dem Computerprogramm und den Barcodes auf den mit Namen und Passnummer versehenen Eintrittstickets nicht zu trauen. Jedes Ticket wird zusätzlich manuell kontrolliert. Aber endlich sind wir dann im Ruinenkomplex. Immer noch ist nichts von den Ruinen zu sehen. Wir machen uns an den Aufstieg zum Wachhaus, denn von dort soll der Blick auf die tiefer liegene Stadt in den Wolken am schönsten sein. Eben der klassische Machu Picchu-Postkartenblick. Und ja, es ist ein toller Blick! Andererseits stelle ich fest: so groß ist die Ruinenanlage auch wieder nicht und ohne den markanten Wayna Picchu am gegenüberliegenden Ende wäre das so markante Bild austauschbar.

Ja, ich finde die Inkas waren große Architekten und hatten eine erstaunliche Kultur. Aber ist Machu Picchu deshalb wirklich zu Recht eines der neuen 7 Weltwunder? Nun, zumindest rechtfertigt es für die Peruaner die in den Himmel schießenden Preise in Machu Picchu-Land. Einstein sagte einmal so schön ‚Was nichts kostet, ist nichts wert.‘ Nun, wenn es danach geht, haben wir hier definitiv ein Weltwunder vor uns.

Wir stehen oberhalb des Wachhauses, genießen den Blick auf diese doch herrliche Ruinenanlage, warten auf Sonnenstrahlen und machen unsere ersten Fotos. Die Sonne muß sich durch die Wolken kämpfen und überhaupt erst mal über die rechts von uns gelegenen Berggipfel hinwegkommen. Auf unserer linken Seite werden die Bergflanken bereits von der Sonne beleuchtet; im Hintergrund blitzt der Schnee der hohen 5.000er und 6.000er Berggipfel. Fast eine Stunde lang stehen wir hier; staunen und genießen -noch ist der Touristentrubel auszuhalten, denn die vielen Reisegruppen kommen erst am späten Vormittag.  

Kurz nach 7 Uhr machen wir uns dann auf den Weg quer durch die Ruinen. Noch sind sie nicht von der Sonne beschienen, aber unser Zeitfenster für den Eintritt zum Wayna Picchu ist auf 7 bis 8 Uhr begrenzt. Also stellen wir uns in die nächste Schlange, tragen uns schließlich im Buch ein – die Nützlichkeit der Barcodes auf den Eintrittstickets wird auch hier hartnäckig ignoriert – und dürfen mit dem Aufstieg zum Wayna Picchu beginnen. Seit Wayna Picchu nur noch mit einem vorab gekauften Ticket zu besteigen ist, muß man sich keinem ‚run‘ durch die Ruinen mehr aussetzen. Nur leider ist die Information noch nicht an alle durchgedrungen. Es gibt enttäuschte Gesichter bei denen, die kein Ticket in der Hand halten. Zum Glück waren wir durch Elena vorgewarnt worden, denn ansonsten hätten auch wir ein langes Gesicht gemacht. Natürlich verraten Peruaner einem beim Ticketkauf solche feinen Einzelheiten nicht.

Aber zurück zu Machu Picchu. Die Stadt in den Wolken liegt auf einem Bergrücken, der auf der einen Seite von dem Berg Machu Picchu – auf Quechua: alter Berg – und auf der gegenüberliegenden Seite von dem zuckerhutförmigen Wayna Picchu – dem jungen Berg – begrenzt wird. Steil sieht der Wayna Picchu aus. Wo da wohl der Weg ist? Nun er ist nicht zu verfehlen. Rund 1 Stunde benötigen wir für den Aufstieg auf knapp über 2.700 Meter. Steil geht es bergauf über alte Treppenanlagen, bei denen ich mich immer wieder wundere. Die Inkas müssen viel kleinere Füße aber sehr viel längere Beine als wir heutzutage gehabt haben. Anders kann ich mir diese Stufen nicht erklären. Bei meinem Aufstieg – keuch – habe ich immer wieder herrliche Ausblicke auf die Ruinenstadt von Machu Picchu und ihre Terrassenanlagen. Kurz vor dem Gipfel müssen wir noch durch eine kleine Höhle robben, bevor wir wirklich oben angekommen sind. Voll ist es hier, so daß wir nicht allzu lange Pause machen.

Für den Abstieg nehmen wir uns die andere Bergseite vor; wir wollen den Mondtempel -Templo de la Luna – sehen. Stufen über steile Stufen geht es wieder hinunter. Das ist so frustrierend, nachdem wir gerade all diese Stufen nach oben gestiegen sind. Zwischendurch läßt eine Holzleiter, die mehrere Meter den Felsen hinunterführt, kurzzeitig unseren Atem stocken. Die Alternative, die bisherige Treppenarie wieder nach oben zu steigen, erscheint uns jedoch noch unattraktiver. Der Mondtempel stellt sich als eine Höhle heraus, in deren Inneren Inkakonstruktionen mit millimetergenau bearbeiteten Felsen zu finden sind. Wir genießen die Anlage und die Aussicht auf die umliegenden Berge – und sind dabei praktisch alleine. Von den täglich 400 zugelassenen Wayna Picchu-Besuchern macht nur eine Handvoll die 3-stündige große Wandertour, die den Mondtempel einschließt. Herrlich für uns! Wir haben uns eine wunderbare Aussicht, Natur und Mondtempel ohne Menschen erlaufen. Kaum zu glauben, daß auf der anderen Seite des Bergrückens etwa. 2.500 Touristen in den Ruinenanlagen auf uns warten. Und wie recht hatte Einstein doch mit seinem Spruch: ‚Die besten Dinge im Leben sind nicht die, die man für Geld bekommt.‘

Eine Stunde brauchen wir für den Rückweg nach Machu Picchu. Und wieder geht es bergauf und bergab über Treppenanlagen und einige ausgesetzte Passagen, die tolle Blicke in das Tal bieten. Ein Tor, wer dem auf der Karte eingezeichneten Wanderweg – ohne nennenswerte Steigungen – im Vorfeld geglaubt hat. Wir werden eines besseren belehrt.

Zurück in Machu Picchu bin ich etwas genervt von all den Touristen. Aber vielleicht liegt es auch daran, daß ich Hunger habe. Wir beschließen uns ein Plätzchen im Schatten zu suchen und einen Happen zu essen. Essen ist eigentlich verboten in Machu Picchu, aber niemand hat unsere Rucksäcke kontrolliert. So tragen wir ein Lunchpaket bestehend aus peruanisch flachen Brötchen, importierten – und teuer erstandenen – Knackwürstchen und Käse mit uns herum. Von der ersten Stelle an der wir uns niederlassen werden wir umgehend durch einen Aufpasser vertrieben. Wir saßen zwar auf Gras, aber unsere Füße baumelten über eine der Ruinenmauern. Auch an dem zweiten Platz ist das Essen etwas unentspannt, da immer wieder einer der vielen Aufpasser seine Runde dreht und kontrolliert. Scheint so als ob seit der Jahrhundertfeier sich die Aufpasser hier in den Ruinen vervielfacht haben. 

Frühen Nachmittag machen wir uns auf zum Eingangsbereich. Einmal Pinkelpause. Toiletten gibt es in diesem ganzen Komplex nur draußen vor dem Eingang. Dann engagieren wir eine peruanische Führerin. Sie stellt sich mit ihrem Spanisch auf uns Deutsche ein und erzählt uns einiges über die Ruinenanlage. Interessantes, Kurioses, nicht Gewußtes und Esoterisches. So kann ich es nicht ganz glauben, daß die Intihuatana-Sonnenuhr Energie und heilende Kraft abgibt. Nur nicht anfassen, heißt die Vorgabe, sonst entlädt sich noch der Stein. Wir werden aufgefordert unsere Hände dicht über die Oberfläche zu halten um die von dem Stein ausstrahlende Energie zu erspüren. Tatsache, es ist unglaublich warm! Oh, ich Ungläubige! Ich erkläre dieses Phenomän natürlich gleich durch die Sonne, die den Stein einfach nur erwärmt hat. Das Berufsbild eines Esoterikers, der die Kraft von Machu Picchu durch seine Adern fließen spürt, lege ich wohl besser zu den Akten. Unsere Führung findet so spät am Nachmittag statt, daß der Hauptansturm der Touristen schon wieder vorbei ist. In aller Ruhe genießen wir die Ruinenstätte bevor wir uns dann schließlich auf den Rückweg nach Aguas Caliente machen. Tadeusz nimmt sich den Abstieg zu Fuß vor. Katharina und ich wählen die faule Variante – den Bus, denn unsere Füße sind an diesem schönen Tag genug gelaufen.

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5 Antworten zu Machu Picchu, die Stadt in den Wolken

  1. Hannelore sagt:

    Moin Anke,
    heute habe ich mit viel Begeisterung deine letzten Blogs gelesen. Wie wäre es, wenn du über alle deine Reiseerlebnisse Bücher in diesem Stil schreibst? Du schilderst dein Weltenbummlerleben so bildreich, spannend und interessant, dass du bestimmt einen guten Absatz auf dem heutigen Büchermarkt haben wirst. Ich bestelle schon mal gleich 1 Exemplar von deinem ersten Buch. Es wird sicherlich ein Renner. Von dem erwirtschafteten Geld des Buches kannst du dann im gleichen Stil weitere Reisen durchführen und weitere Bücher schreiben. Das wäre doch was, hm?
    Liebe Grüße in deine Reisewelt Hannelore

  2. WuCh sagt:

    Eigentlich schade, daß ich nun erst das zweite Buch erhalte…aber bitte mit Widmung!
    Im Moment rechne ich, wie lange Du schreiben wirst – nachdem Du dann wieder in Deutschland bist! – und wie lange dann der erste Druck benötigt…sollte mir wohl doch ein paar Blog-Berichte ausdrucken. – Gibt es auch Reiseschriftsteller die mit dem Laptop auf dem Schoß arbeiten?
    Ob wir zu unseren Gedanken, Fragen von Dir eine Vorabantwort bekommen werden?
    Gruß WuCH

    • Hannelore sagt:

      Ich kann auch abgeben, Sie nehmen das erste Buch mit Widmung und ich das zweite. An alle liebe Grüße aus Pommerby
      Hannelore

      • WuCh sagt:

        Vielen Dank für dieses Entgegenkommen; wir werden uns mit einer Flasche Lemberger revanchieren!
        WuCH

        • Anke sagt:

          Ich finde Euer aller Vertrauen in meine Schreibkuenste – dass sie fuer ein Buch reichen – wundervoll. Da brauche ich doch glatt noch ein Jahr Auszeit. Sicherlich kann ich dann mit dem Laptop auf dem Schoss an einer Lagune mit Blick auf einen Berg sitzen und meine Ideen zu Papier – halt nein, in den Laptop – bringen. Stelle ich mir ungeheuer romantisch und idyllisch vor. Oder war Schriftsteller sein, doch eher harte Arbeit? Andererseits, wenn Ihr mein Buch bereits vorab verkauft, dann koennte ich mich ja glatt ueberreden lassen. Habe ja jetzt 10 Tage Zeit mal in Ruhe ueber ein solches Projekt nachzudenken. Sicher werde ich ob der Kaelte an den Abenden immer frueh in den Schlafsack kriechen. Zeit genug zum Denken!
          Liebe Gruesse nach Aalen und Pommerby
          Anke

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