Heute waren wir im „Regenwald der Österreicher“. So wird das Regenwaldgebiet rund um die Esquinas Rainforest Lodge, die direkt an den Piedras Blancas-Nationalpark grenzt, genannt. Das Schutzgebiet ist eng mit dem Wiener Geiger Michael Schnitzler verbunden, der 1991 ein von einem Verein getragenes Umweltschutzprojekt ins Leben gerufen hat. Wir trafen ihn nach unserem Mittagessen in der Lodge und bekamen ein interessantes Update zu seinem Projekt „Regenwald freizukaufen“. Versucht wird, den etwa 159 km² großen Esquinas-Regenwald zu schützen, indem Grundstücke von Privateigentümern aufgekauft und in den Nationalpark eingebracht werden.
Der Esquinas-Regenwald liegt im Süden von Costa Rica. Er gehört zu den artenreichsten und biologisch interessantesten Regenwäldern überhaupt und beherbergt neben vielen gefährdeten Arten von Pflanzen und Tieren auch wertvolle Hartholzbäume. Obwohl die Regierung Costa Ricas das Gebiet 1991 zum Nationalpark erklärt hat, fehlen dem Staat die Mittel, um die gefährdeten und in Privatbesitz befindlichen Grundstücke zu kaufen und damit das Gebiet für immer unter Schutz zu stellen. Durch internationale Spenden konnten inzwischen bereits rd. 70 % des Gebietes unter den Schutz der Nationalparkverwaltung gestellt werden. Besonders beeindruckend ist, dass Artenschutz, Klimaschutz, Forschung, Ökotourismus und Sozialhilfe in einem Projekt vereint werden. Herr Schnitzler berichtete, dass das Aufzuchtprogramm für rote Aras sehr erfolgreich war und zu einer nachhaltigen Population roter Aras im Park gefüht hat. Nunmehr wird ein Forschungsprojekt zum Schutz von Wildkatzen unterstützt. Die Großkatzen Jaguar, Puma, Ozelot sind im Esquinas-Regenwald und auf der benachbarten Halbinsel Osa durch illegale Jäger und Pelzhändler akut bedroht. Außerdem leiden die Großkatzen unter Nahrungsmangel, da die Jäger die Beutetiere stark dezimiert haben. Obwohl die Großkatzen im Corcovado-Nationalpark auf der Halbinsel Osa ausreichend geschützt sind, wandern die Tiere auf Nahrungssuche immer wieder über die Nationalparkgrenzen. Zwischen den Schutzgebieten Corcovado und Esquina liegt die Riserva Forestal, ein Gebiet mit einem relativ schwachen Schutzstatus und zahlreichen Höfen und Viehweiden. Man kann sich vorstellen, dass die Finca-Besitzer erbost darüber sind, wenn Großkatzen ihr Vieh reißen. Auch hier versucht der Verein „Regenwald der Österreicher“ mit Aufklärung und Entschädigung der Finca-Besitzer, den Bestand der Großkatzen zu schützen.
Auf unserem 4-stündigen Rundgang durch den an die Esquinas-Lodge angrenzenden Regenwald erfahren wir viel über die Flora und Fauna des Regenwalds. Staunen über Wanderpalmen, die ihren Wurzeln hinterherwandern und lassen uns Heilpflanzen und -bäume erläutern. Bekommen den Unterschied zwischen Primär- und Sekundärwald erläutert und erkennen bei unserer Wanderung, dass das Blätterdach des Sekundärwalds deutlich offener ist als beim Primärwald. Wir erfahren, dass einige Bäume 2 Meter hohe Wurzeln über dem Erdboden ausbilden um aufgrund der dünnen Humusschicht eine bessere Stabilität zu erhalten. Wir beobachten eine Autobahn der Blattschneideameisen. Neben den rührigen Arbeitsameisen sind grosse „Soldaten“-Ameisen unterwegs, die die Ameisenautobahn freiräumen. Auf einigen transportierten Blättern erkennen wir winzige Ameisen, die eine Qualitätskontrolle durchführen, so dass keine kranken Blätter in den Ameisenbau transportiert werden. Eichhörnchen sind unterwegs und pellen an einigen Bäumen die Baumrinde ab. Sie leben in Symbiose mit diesen Bäumen und halten sie von Aufsitzerpflanzen wie z.B. Bromelien frei. Es ist erstaunlich, was man so alles beobachten kann, wenn man mit offenen Augen durch die Welt läuft.