Ich habe ein erlebnisreiches Wochenende in Leon hinter mir. Freitag abend bin ich mit dem Bus von Granada nach Leon gefahren. Umsteigen in Managua am Busterminal gegenüber der Universität UCA. Eigentlich kein Problem, nur Freitag spätnachmittag wollen auch viele Einheimische ins Wochenende. Ich musste mich also in eine lange Schlange von Menschen einreihen und warten. Queueing wie in England – das hätte ich hier in Nicaragua nicht erwartet. In Leon habe ich im Bigfoot Hostel (www.bigfootnicaragua.com) übernachtet – ein tolles Hostel. Hier habe ich dann auch ganz mutig meinen Ausflug für den nächsten Tag gebucht: Volcano Boarding. Morgens bin ich noch ein bißchen durch Leon geschlendert, habe die Kathedrale besichtigt und die Gelegenheit genutzt den Kirchturm zu besteigen und eine Roof-Top-Tour auf dem Dach der Kathedrale zu machen. Eine wirklich herrliche Aussicht auf den zentralen Platz der Stadt und die umliegenden Vulkane. Leider ist es nur immer ein wenig diesig. Auch Leon ist eine Kolonialstadt, allerdings nicht ganz so bunt und „aufgeräumt“ wie Granada. Während Granada fast einen Bilderbuch-Eindruck hinterläßt und sehr konserativ auftritt, herrscht in Leon mehr Leben. Die Stadt ist der totale Gegenpol zu Granada – liberaler und aktiver. Eine nette Abwechslung zu Granada, die mir gut gefallen hat.
Mittags um 1 Uhr geht mein Abenteuer dann los. Wir werden mit einem großen orangefarbigen Truck abgeholt, auf dessen Ladefläche jeweils entlang den Seiten Sitzbänke montiert sind. Eine Stunde Fahrt raus aus der Stadt – guter Fahrtwind. Manchmal ziehen wir die Köpfe ein, obwohl über uns eine Plane die herabhängenden Äste abfängt. Nach einer guten Stunde erreichen wir den Nationalpark des Cerro Negro. Von der Ladefläche abgestiegen machen wir uns jeder mit einem Beutel mit Schutzanzug, Schutzbrille und viel Wasser sowie unserem Board unter dem Arm auf den Weg. Über die Rückseite des Berges erklimmen wir den Cerro Negro.
Unser Aufstieg auf den Cerro Negro ist nicht wirklich schwierig und dauert nur knapp 45 Minuten, aber es ist sehr sehr warm. Der Vulkan heißt nicht umsonst Cerro Negro – „schwarzer Berg“ -, da das Vulkangeröll wie der ganze Berg tiefschwarz ist. Der Cerro Negro ist der jüngste Vulkan in Zentralamerika. Seit seiner Geburt 1850 ist der Vulkan bereits 23 Mal ausgebrochen, so dass er auch einer der aktivsten Vulkane Nicaraguas ist. Bei seinem letzten Ausbruch 1999 brach eine der Seiten des Kraters weg. Auf dem Kraterrand angekommen bietet sich mir deshalb ein Blick in einen u-förmigen Krater. Ich will es mir oben auf dem Kraterrand gemütlich machen und mich hinsetzen – huh, das gibt einen warmen Hintern. Als ich die Erdoberfläche ein bißchen zur Seite schiebe und meine Hand an diese Stelle lege, merke ich wie heißer Dampf aus der Erde aufsteigt. Das habe ich so noch auf keinem Vulkan erlebt.
Ich stehe oben auf dem Kraterrand und schaue hinab. Unten in der Ferne sehe ich als winzigen Punkt unseren orangefarbigen Truck stehen. Habe ich mich beim Aufstieg auf den rd. 700 m hohen Vulkan gefragt, wie ich da hochkommen soll, stelle ich mir jetzt die Frage, wie um alles in der Welt ich mit meinem Board, einem Holzbrett mit Metallunterseite, hinunterkommen soll. Der Abhang ist bis zu 45 % steil! Wir ziehen unsere wunderhübschen orangefarbenen Schutzanzüge an, packen die Sonnenbrillen weg und setzen dafür unsere Schutzbrillen auf. Wir erhalten eine kurze Einweisung zum Volcano Boarding und ich bin froh zu erfahren, daß ich die Geschwindigkeit von diesem Brett tatsächlich kontrollieren kann.
Der Geschwindigkeitsrekord vom Bigfoot Hostel liegt derzeit bei 84 kmh! Ich gehe die Abfahrt viel viel langsamer an. Die Devise heißt Füsse auf dem Boden lassen, wenn es nicht zu schnell werden soll. Und vor allem: Mund zu! Der schwarze Vulkanstaub und kleines Geröll fliegt mir bei der Abfahrt ins Gesicht. Ich bin für meine Schutzbrille wirklich dankbar. Aus dem Augenwinkel sehe ich Jana in der Nachbarspur fahren. Sie überholt mich schließlich, aber ich habe soviel Spaß, daß mich das nicht stört. In keinen 3 Minuten bin ich den Abhang hinuntergefahren. Wie alle anderen wäre ich am liebsten gleich wieder auf den Berg gestiegen um noch eine Abfahrt zu wagen. Im Vergleich zu meiner Eisabfahrt vom Vulkan Villarica in Chile war ich deutlich langsamer unterwegs (vielleicht habe ich auch mehr gebremst?) und vor allen Dingen ließ sich das Board auf dem feinen Vulkangeröll deutlich besser zu steuern. Was für ein Spaß!
Für die gelungene Abfahrt erhalten wir beim Einsteigen auf die Ladefläche unseres orangefarbenen Trucks ein Bier und einen Keks spendiert. Wir haben kaum unser Bier geöffnet und sitzen als der Truck über das alte Lavafeld zurück zum Nationalparkeingang startet. Kommando: „Gut festhalten! Wir nennen dieses Fahrtstück den Rollercoaster.“ Festhalten ist ein guter Rat, wenn ich in der einen Hand ein Bier und in der anderen einen Keks halte. Ich schaffe es, mich mit einer Hand festzuhalten, mit der anderen mein Bier zu jonglieren und manchmal meine Füße auf dem Boden zu halten. Mehr als einer von uns verschüttet bei der Fahrt sein Bier und unser Südafrikaner fällt fast von der Ladefläche. Großes Gelächter! Nach 45 Minuten Fahrt sind wir zurück in Leon und feiern unsere erfolgreiche Abfahrt mit einer Runde Mojitos bevor wir uns unter der Dusche den Vulkanstaub aus Nase und Ohren waschen.
Wow, Anke, das klingt wirklich nach Vergnügen pur! Was es alles gibt auf der Welt… Liebe Grüße, Friederike
Hallo Anke, das ist ja wirklich Abendteuer pur. Die Abfahrt sieht gewaltig aus, aber noch besser gefällst du mir als Schornsteinfeger im Gesicht. Tolle Aktion! Viel Spaß weiterhin und vielen Dank für deine blühenden Erzählungen
Hanne
@ Friederike: Hat auch wirklich Spaß gemacht! Ein bißchen Abwechslung zu unseren Waldspaziergängen 😉
@ Hannelore: Kann mich ja mal als Schornsteinfeger bewerben ;-). Freut mich, wenn ich Euch mit meinen Berichten ein wenig unterhalten kann.
Der Film ist ja auch noch ein weiteres Highlight. Große Klasse
Viel Spaß auf der Weiterreise und bis bald
Hanne
hey anke,
kein wunder, dass ich dich auf dem telefon nicht erreiche. musste doch erst birgit mir erzählen, dass du dich mal eben abgemeldet hast. ich habe ganz schön gebraucht um alles nachzulesen, was du bisher erlebt hast und ich wünsche dir zunächst einmal alles gute für den weiteren weg. und natürlich auch ein schönes osterfest. bin sehr gespannt, welche eindrücke du vom osterfest in südamerika hier postest.
hier im norden ist ein super wetter über die feiertage angesagt und die natur wacht nach dem langen winter endlich auf. auch unsere magnolie neben dem haus hat ihre schönsten blüten angelegt um uns und unsere gäste zu begeistern. ich gehe zwar davon aus, dass du noch einen viel größeren und für uns unbekannten blütenzauber erlebst aber das sind eben die highlights der daheimgebliebenen.
alles liebe auch von susi und felix
uli
Mensch Anke,
wirklich klasse! Toll siehst Du aus!
Freue mich weiterhin von Dir so tolle Sachen zu lesen.
Viele liebe Grüße
Birgit