In dem kleinen Strandort Ohope haben wir uns in Turneys Bed & Breakfast eiquartiert. Ein Cafe, ein Imbiß mit kleinem Tante-Emma-Laden und ein Restaurant sind auf den ersten Blick zu sehen. Für mehr Auswahl müssen wir über den Berg an den benachbarten Küstenabschnitt fahren, nach Whakatane. Also probieren wir das Cafe aus. Nett, aber nicht billig. Und die 15 % Feiertagszuschlag machen es auch nicht besser.
Abends erhalten wir unseren ersehnten Anruf von White Island Tours, daß die von uns geplante Bootstour am nächsten Tag stattfinden wird. Also ist frühes Aufstehen angesagt, denn Check-in ist bereits um 6:30 Uhr.
Am nächsten Morgen steht das Frühstück für uns bereit: Müsli, Joghurt und eine Schüssel rote Erdbeeren, Brombeeren und Himbeeren. Lecker! Tee und Cafe helfen uns über das frühe Aufstehen hinweg und wir fahren nach Whakatane, bezahlen unsere Bootstour und müssen nicht lange warten, bis es dann los geht. White Island – wir kommen!
Was ist so besonderes an White Island? Nun, es ist Neuseelands einzige aktive Vulkaninsel. Und um in den allgegenwärtigen Superlativen der Neuseeländer zu bleiben: Vermutlich ist White Island auch die am meisten besuchteste Vulkaninsel der Welt. Also wollen auch wir dort unsere Fußspuren hinterlassen.
Mit einem Motorboot fahren wir 1 ½ Stunden aufs Meer hinaus. Zu Beginn sieht das Wasser ruhig aus, aber die letzte halbe Stunde wird die Fahrt ein bißchen rauer und der ein oder andere Passagier greift zur Spucktüte. Wir haben uns einen ganz guten Platz ausgesucht. Trocken in der Innenkabine und in der unteren Ebene des Bootes auf den hinteren Sitzen überstehen wir die Fahrt hervorragend. Aber um ehrlich zu sein, haben wir uns jede eine Tablette gegen Seekrankheit gegönnt, worüber ich wirklich froh bin. Denn trotz chemischer Unterstützung wird mir auf den letzten Metern noch flau im Magen.
Schießlich erreichen wir White Island und der Kapitän dreht vor der Insel bei. Anlegen geht nicht. Der Wellengang ist zu hoch und die Bucht zu ungeschützt. Mit einem kleinen Schlauchboot mit Außenborder werden wir portionsweise übergesetzt. Am Anlegesteg heißt es schnellstens aussteigen, bevor das kleine Schlauchboot von der nächsten Welle 2 Meter hochgehoben wird.
Schließlich stehen wir alle wohlbehalten auf der Insel und ich schaue mich fasziniert um. Eine Vulkaninsel; kein Baum, kein Strauch, nur abweisender Felsen.Eine Mondlandschaft. Kaum vorstellbar, daß hier in früheren Jahren eine Handvoll Minenarbeiter abgeschieden vom Festland unter schwierigsten Bedingungen gelebt und in einer Schwefelmine gearbeitet haben.
Sehr gut kann ich mir dagegen vorstellen, daß angeblich ein neu rekrutierter Minenarbeiter – der glaubte Arbeit auf einer tropischen Insel gefunden zu haben – den höchsten Punkt des Mastes des Versorgungsschiffes erklommen hat und sich weigerte, das Schiff zu verlassen und auch nur einen Fuß auf die Insel zu setzen. Ich hätte das wohl nicht anders gemacht.
Wir machen eine Wanderung über die Insel. Bekommen bei unserer Führung die Geschichte der Insel und ihrer vulkanischen Tätigkeit erzählt und werden auf die Veränderungen nach den letzten großen Ausbrüchen dieses Vulkans in der Zeit 1981 bis 1983 und 2000 aufmerksam gemacht. Wir stehen hier auf – nein in – einem der aktivsten Vulkane Neuseelands. Ein Vulkankrater, der kein richtiger Krater mehr ist, da er auf der einen Seite zum Meer hin offen ist. Und nur ein Drittel des Vulkans sind oberhalb der Wasserfläche zu bewundern; der Rest des fast 2 Kilometer im Durchmesser messenden Vulkans liegt in der blauen Tiefe.
Wir werden ermahnt auf dem Weg zu bleiben und werden auf Stellen aufmerksam gemacht, die wir besser nicht betreten sollen. Weiße Kristallablagerungen an der Oberfläche bedeuten Einbruchgefahr. Und keiner von uns möchte einen neuen Geysir zum Leben erwecken. Wieder einmal liegt Schwefelgeruch in der Luft. Noch habe ich die Atemmaske lose um den Hals hängen. Aber je näher ich den intensiv gelben Bodenfächen am anderen Ende des Kraters und den Spalten, aus denen Dampf wie aus einem Dampfdruckkochtopf zischt, komme, desto mehr reizt und kratzt die Luft in meinem Hals. Erst ein trockener Huster, dann ein zweiter und schließlich ziehe ich mir die Atemmaske über Mund und Nase. Fumarolen und faszinierende Farbspiele bietet der Vulkan, die von dem ein oder anderen Helikopter über uns aus der Luft erkundet werden. Ein Betrieb ist das hier! Aber kein Wunder, denn diese Vulkaninsel fasziniert.
Und während sich auf der einen Seite die Vulkankraterwand vor mir erhebt, sind auf der anderen Seite zwei Buchten zum Meer offen, in die die Wellen rauschen, sich an Felsen und Steinen brechen. „Ein ruhiger Tag“ kommentiert unser Führer. Fischer hätten berichtet, daß bei extremen Wetterverhältnissen das Wasser schon mal durch die eine Bucht auf die Insel rauscht und sie durch die andere Bucht wieder verlässt. Ich blicke von einer Bucht zur anderen – zwischen ihnen ist ein breiter Felsrücken – und komme mir angesichts solcher Naturgewalten ganz klein vor. Das wäre definitiv ein Zeitpunkt, zu dem ich nicht auf der Insel sein möchte.
Nach fast zwei Stunden ist es Zeit für uns die Insel zu verlassen. Viel zu früh, wie ich finde! Vor lauter schauen und fotografieren habe ich nur die Hälfte von den Erzählungen unserer beiden Führer mitbekommen. Schade, daß die Zeit so knapp bemessen ist. Wir manövrieren uns von der Anlegestelle in das kleine Schlauchboot, fahren zu unserem Schiff hinüber und balancieren aus dem Schlauchboot hinaus auf das Schiff. Der Wellengang versucht uns das Leben schwer zu machen. Aber schließlich sind alle wieder an Bord und wir fahren langsam Richtung Festland. Zum Glück geht die Fahrt diesmal mit dem Wellengang und damit deutlich ruhiger. Die Crew verteilt ein kleines Lunchpaket, das ich in der Sonne auf dem hinteren Deck verzehre. Ich sitze so, daß ich die Vulklaninsel bei der Heimfahrt immer im Blick habe. Toll! Blauer Himmel und ein rauchender Vulkan. Und dabei hatte die Wettervorhersage Regen angekündigt. Was haben wir mal wieder für ein Glück!
Aber damit nicht genug! Wir haben vielleicht die halbe Strecke bis zum Festland zurückgelegt, als der Kapitän plötzlich beidreht und der Ruf „Delfine“ ertönt. Und wieviele es sind! Ich weiß gar nicht wohin zuerst zu schauen, so viele von ihnen tummeln sich im Wasser und um unser Schiff herum. Sie begleiten uns ein Stück, surfen in der Bugwelle unseres Bootes und begeistern uns unglaublich! Ein perfektes Ende für unseren herrlichen Ausflug!