Inzwischen war ich bereits zwei Mal in ‚der Stadt in der Stadt‘, wie das Monasterium Santa Catalina in Arequipa auch genannt wird. Eine Tag- und eine Nachtbesichtigung. Kaum bin ich durch die Eisendrehtür am Eingang hindurch, fühle ich mich 400 Jahre in der Zeit zurückversetzt. Denn bereits 1579, keine 40 Jahre nach der Ankunft der Spanier in Arequipa, wurde dieses Nonnenkloster gegründet. Bis vor einigen Jahrzehnten war das Kloster – mit einer Fläche von 20.000 qm – noch komplett von der Außenwelt isoliert, so daß sich das hinter hohen und dicken Mauern befindliche Städtchen mit einer Mischung aus kolonialer und maurischer Architektur in seiner Struktur erhalten hat.
Zu Hochzeiten des Klosters haben hier rd. 450 Nonnen und ihre Bediensteten gelebt. Ich bummele durch Kreuzgänge, Innenhöfe, Sträßchen mit spanischen Namen wie ‚Toledo‘ und ‚Sevilla‘ und durch unzählige private Gemächer, Klosterzellen, eine große Küche und einen Schlafsaal. Vor allem bei meinem Rundgang durch die privaten Klosterzellen staune ich: fast alle sind mit Aufenthaltsraum und eigener Kochstelle ausgestattet, in manchen Räumen stehen aus Europa importierte Pianos und bequeme Sitzgruppen.
Kloster – Nonnen – gab es da nicht so etwas wie ein Armutsgelübde? Die Klosterzellen und ihre Ausstattung lassen eher auf ein bequemes, fast luxeriöses Leben der Nonnen schließen. Und so überrascht es mich nicht wirklich, als ich lese, daß im Jahre 1871 eine strenge Dominikanernonne, Schwester Josefa Cadena, von Papst Pius IX nach Arequipa geschickt wurde, um das Klosterleben zu reformieren. Denn trotz Armutsgelübde hatten die Nonnen bis zu diesem Zeitpunkt wohl jeweils zwischen 1 und 4 Bedienstete und/oder Sklaven, sie luden Musiker für Konzerte ins Kloster ein, gaben Partys und führten einen aufwendigen und luxeriösen Lebensstil. Nun, mit Ankunft von Schwester Josefa Cadena änderte sich das wohl.
Luxeriöser Lebensstil der Nonnen hin oder her, in der Zelle von Schwester Ana de los Angeles Monteagudo, Oberin des Klosters bis zu ihrem Tod 1686, schließe ich die Augen und lasse die Umgebung auf mich wirken. Immerhin schreibt man Schwester Ana unzählige Wunder und Vorhersagen zu und so wurde sie von Papst Johannes Paul 1986 selig gesprochen. Kein Wunder, daß ein regelrechter Pilgerkult um ihre Person existiert.
Ist die Besichtigung tagsüber ein herrlicher Bummel durch weiße, rote und blaue Mauern bei strahlendem Sonnenschein, so wird das Kloster mit Einbruch der Nacht in Dunkelheit getaucht: nur Kerzen und Feuer in den Kochstellen erhellen in kleinen Inseln die Räume – ansonsten ist alles Nachtschwarz. Fast ein bißchen gruselig. Mit all seinen dunklen Ecken kann ich mir das Kloster jetzt auch gut als Kulisse für einen Psychothriller vorstellen. Aber stop, noch halten rund 20 Nonnen in einem abgeschlossenen Gebäude in diesem Klosterkomplex die Stellung. So hat das Böse keinen Zutritt. Und so geben wir uns auf dem Aussichtspunkt der Kirche Santa Catalina sorgenfrei einigen Schattenspielen hin.