Nach drei Tagen Faulenzen in San Jose geht es weiter nach Nicaragua. Um genau zu sein, nach Granada. Ich habe mir ein Busticket bei Ticabus besorgt. Das Ticketoffice war bequem zu Fuß in der Innenstadt von San Jose zu erreichen. Ich erfahre, daß nur der „económico“ morgens um 6 Uhr oder mittags um 12:30 Uhr in Granada hält. Ca. 8 Stunden Fahrt. Da ich nicht mitten in der Nacht in Granada ankommen will, entscheide ich mich für den frühen Bus. Eine Stunde vor Abfahrt muß ich an der Busstation sein. Puh, da geht mein schönes Frühstücksbuffet im Hotel Aranjuez – es soll das Beste der Stadt sein – flöten. Und will ich bereits morgens um 5 Uhr auf den Straßen von San Jose sein? Gut ich nehme ein Taxi, aber mein Unbehagen steigt, als ich erfahre, daß die Busstation von Ticabus unweit des sogenannten Coca Cola-Terminals liegt. Eine nicht so wirklich sichere Ecke von San Jose.
Tatsächlich ist die Busstation von Ticabus ein gut gesichertes Gebäude. Selbst der Bus steht innerhalb einer Umzäunung. Ich hatte mich gedanklich auf einen vollen, lauten und chaotischen Busterminal wie in anderen Städten Lateinamerikas eingestellt und werde überrascht. Ausschließlich Busse von Ticabus werden abgefertigt und so früh am morgen nur ein einziger. Für das Gepäck wird mir ein Gepäckschein ausgehändigt, mein Pass kontrolliert und die notwendigen Papiere für die Grenze ausgehändigt. Mein Ticket ist mit festem Sitzplatz. Ich lande neben einem kleinen, netten Nicaraguaner, der aber einen furchtbaren Slang spricht, so daß wir uns nicht groß verständigen können. Pünktlich um 6 Uhr starten wir. Es geht die Panamericana Richtung Nicaragua. Unterwegs bekomme ich nochmals Blicke auf den Vulkan Rincon de la Vieja. Wir konnten vor einer Woche unsere Vulkanbesteigung wegen zu starkem Wind und Wolken nicht realisieren. Heute zeigt er sich sehr viel freundlicher und ohne Wolken. Was für ein Pech!
Morgens hatte ich mir noch Gedanken gemacht, ob ich zu warm angezogen bin. Aber die Klimaanlage brummt, es ist recht frisch im Bus. Die Hitze holt mich ein, als wir gegen Mittag die Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua erreichen. Auf der Seite von Costa Rica gehen die Passformalitäten erstaunlich schnell, obwohl alle aussteigen und ihren Pass kontrollieren lassen müssen. Wir fahren weiter durch ein Labyrinth im Niemandsland, das trotzdem gut bevölkert ist. Keine 5 Minuten später stehen wir vor der nicaraguanischen Seite der Grenze. Unser Busbegleiter sammelt die Pässe und die Einreisegebühr ein und verschwindet. Es ist ein komisches Gefuehl seinen Pass aus den Händen zu geben. Wieder steigen wir alle aus und diesmal wird das Gepäck ausgeladen. Jeder schleppt seinen Koffer oder Rucksack zu einer Reihe von Tischen unter einer Ueberdachung. Gepäckkontrolle. Interessanterweise wird nur oberflächlich durchgesehen und wir Touristen – mit mir reist eine Gruppe nordamerikanischer Studenten auf Studienreise – werden großzügig ohne Kontrolle durchgewunken. Reine Augenwischerei diese Kontrolle. Aber Hauptsache wir haben unser Gepäck bei 30 Grad im Schatten durch die Gegend geschleppt! Alles wird wieder im Bus verstaut und wir wechseln den Standort mit unserem Bus. Unser Busbegleiter braucht noch eine Weile bis er wieder mit unseren Pässen auftaucht. Wir warten zwischen fliegenden Händlern, Souvernirverkäufern, Geldwechslern und dem ein oder anderen Bettler. Inzwischen habe ich mit einer Costa Ricanerin Kontakt, die mich in die Grenzformalitäten und -abläufe einweiht. Also warte ich geduldig mit dem Rest der Truppe und beobachte die anderen Busse, die zur Gepäckkontrolle anrollen. Und tatsächlich geht es in Kürze weiter und jeder erhält seinen Pass mit Einreisestempel zurück. Einen Grenzbeamten aus Nicaragua habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Eine interessante Grenzüberquerung!
Mittags gegen 2 Uhr erreichen wir Granada. Die Stadt gefällt mir auf den ersten Blick. Alte koloniale Haeuser, sehr bunt. Ich steige hier als Einzige aus, stehe mit meinem Gepäck am Straßenrand. Ein Taxi steht schon bereit und ich mache dem Fahrer klar, wo ich hin möchte. Nein, kein Hotel, sondern eine Privatadresse in der Innenstadt. Ich werde an einer Straßenkreuzung rausgelassen mit der Beteuerung, dass ich hier richtig sei. Keine Hausnummern oder Namensschilder. Es ist Mittagszeit und alle halten Siesta. Ich frage mich durch und klopfe an eine Gittertür. Keine Klingeln. Und tatsächlich, hier wohnt Fatima, meine Gastgeberin für die nächsten drei Wochen. Ich bin angekommen.